Diskussionsbeitrag im Rahmen der 19. Jahrestagung des Netzwerks Forschungs- und Transfermanagement am 13.10.2022 an der Universität Potsdam

“Aktivistische Wissenschaftler sind ein Greuel”, so schrieb der FAZ-Autor Johannes Pennekamp 2020 in einem Kommentar. Es sei problematisch, wenn Forscher:innen “mit der Autorität ihrer Forschungsleistung” im politischen Diskurs so täten, als sei ihre Position “ automatisch die ‘bessere’”. 2015 bewertete Andrian Kreye in der Süddeutschen den offenen Brief einer Gruppe von Wirtschaftswissenschaftlern um Thomas Piketty an die damalige Bundeskanzlerin Angela Merkel  als “nicht sehr klug”. Die im Brief wissenschaftlich fundierte Kritik an der Griechenland-Politik der Bundesregierung sei zwar legitim, doch mit dem “Einstieg in die politische Arena” berauben sich Wissenschaftler:innen “ihrer stärksten politischen Waffe”, dem wissenschaftlichen Argument. Stattdessen sollte Wissenschaft eine “neutrale Instanz” bleiben, so Kreye. 

Wenige Jahre nach Erscheinen dieser Beiträge, im angebrochenen Zeitalter der Krisen, sind Forscher:innen im politischen Diskurs präsent wie vielleicht nie zuvor. Politik und Öffentlichkeit diskutieren die Vorschläge einer Reihe von Sachverständigenräte und Expertenkommissionen – zur Begutachtung der gesamtwirtschaftlichen Entwicklung, der Evaluation der Corona-Maßnahmen, zu Integration und Migration oder jüngst zu „Gas und Wärme”. Im Kontext der Covid-19 Pandemie (z.B. No Covid Initiative) oder der Klimakrise (z.B. Scientists for Future) engagieren sich Wissenschaftler:innen auch außerhalb etablierter Gremien der wissenschaftlichen Politikberatung. Ist das Postulat einer neutralen Wissenschaft mit einer klaren Aufgabenteilung (“Wissenschaft erforscht die Wirklichkeit, Politik gestaltet sie“, Andrian Kreye) also noch aufrechtzuerhalten? Oder anders gefragt: Wie politisch darf Forschung sein und wie wissenschaftlich Politik?  

Fünf Beobachtungen möchte ich mit Ihnen teilen: 

  1. Zweck: Wissenschaft findet nicht mehr im Elfenbeinturm statt – wenn sie es denn je tat. Sie dient der Gesellschaft durch Erkenntnisgewinn sowie -vermittlung und hat sich der Gesellschaft in den letzten zwei Dekaden stark geöffnet.   
  2. Politik: Wissenschaft ist Mitgestalterin sozialen und technologischen Wandels und somit Teil des politischen und gesellschaftlichen Diskurses. Nicht ohne Spannungen.
  3. Engagement: Werden wissenschaftliche Erkenntnisse nur unzureichend in politisches Handeln umgesetzt, engagieren sich Forscher:innen politisch. 
  4. Verantwortung: Forscher:innen sind sich ihrer Verantwortung für den Erhalt von Vertrauen und Glaubwürdigkeit bewusst. 
  5. Perspektivwechsel: Während sich Wissenschaft weit in den politischen Raum vorwagt, tun sich Politik und Verwaltung mit einer evidenzbasierten Politik schwer. 

Beobachtung 1 – Wissenschaft findet nicht mehr im Elfenbeinturm statt – wenn sie es denn je tat. Sie dient der Gesellschaft durch Erkenntnisgewinn sowie -vermittlung und hat sich der Gesellschaft in den letzten zwei Dekaden stark geöffnet.  

Welchen Zweck hat Wissenschaft und warum sollten wir diesen immer wieder hinterfragen?

Wissenschaft hat den Zweck, Wissen und Erkenntnisse systematisch zu erweitern, zu sammeln, zu lehren und zu tradieren. Ihre Kernaufgaben sind somit der Erkenntnisgewinn und die Erkenntnisvermittlung. Das Wissenschaftssystem erbringt diese Leistungen für andere gesellschaftliche Teilsysteme und steht somit im Austausch mit anderen Sektoren; es nimmt so Bedarfe aus anderen Teilsystemen auf (bspw. nach Fachkräfte, Innovationen, Beiträgen zur Gestaltung von Transformationsprozesse). Spätestens mit der Etablierung einer dritten Mission neben Forschung und Lehre Hochschulen werden Hochschulen auch sichtbar Impulsgeberin und Mitgestalterin gesellschaftlicher, wirtschaftlicher und technologischer Entwicklungen – einer Querschnittsaufgabe, die sich im Wissenstransfer, in Weiterbildungsangeboten aber auch im Ansatz der transformativen Wissenschaft zeigt. Das Wissenschaftssystem ist somit dynamisch, es verändert sich, entwickelt sich weiter und mit ihm die Art und Weise, wie es seinen Zweck erfüllt (bspw. über die Etablierung von Transferstellen an Hochschulen. 

Beobachtung 2 – Wissenschaft ist Mitgestalterin sozialen und technologischen Wandels und somit Teil des politischen und gesellschaftlichen Diskurses. Nicht ohne Spannungen.

Was bedeutet eigentlich politisch? Welche Rolle hat Wissenschaft im politischen Diskurs?

Politik bezeichnet “jegliche Art der Einflussnahme und Gestaltung sowie die Durchsetzung von Forderungen und Zielen”. Politisches Handeln ist geprägt von der Artikulation und Durchsetzung bestimmter Ziele und Interessen – sowie vom Versuch eines Ausgleichs dieser Interessen. Man könnte also meinen, politisches Handeln sei keine Aufgabe von Wissenschaft. Gleichwohl bezeichnet die Politik auch die aktive Teilnahme an der Gestaltung und Regelung des menschlichen Gemeinwesens; hat die Wissenschaft abgeleitet aus ihrem Zweck, Selbstverständnis und gesetzlichem Auftrag eine besondere Rolle bei der Politikgestaltung: 

“Die Wissenschaft sollte der gesamten Menschheit dienen und dazu beitragen, ein vertieftes Verständnis für Natur und Gesellschaft, eine bessere Lebensqualität sowie eine nachhaltige und gesunde Umwelt für heutige und zukünftige Generationen zu schaffen. (…) Wir sind uns bewusst, dass ein ständig steigender Bedarf an wissenschaftlichen Erkenntnissen als wichtige Grundlage für die Entscheidungsfindung im öffentlichen und privaten Bereich besteht; insbesondere spielen sie eine wichtige Rolle bei der Formulierung von politischen Maßnahmen und Regelungen.”

aus: “Erklärung über die Wissenschaft und die Anwendung wissenschaftlicher Erkenntnisse”, verabschiedet von der Weltwissenschaftskonferenz “Wissenschaft für das 21. Jahrhundert – Eine neue Verpflichtung (Budapest, Ungarn, 26. Juni bis 1. Juli 1999) unter Schirmherrschaft der UNSECO und des Internationalen Rates wissenschaftlicher Vereinigungen (ICSU)

Die Hochschulen nehmen ihre besondere Verantwortung für die Entwicklung von Lösungsansätzen für gesellschaftliche Fragestellungen und die Entwicklung der Gesellschaft wahr. (…) (3) Die Hochschulen tragen mit ihrer Forschung und Lehre zum Erhalt und zur Verbesserung der Lebens- und Umweltbedingungen bei und berücksichtigen dabei insbesondere sozial-ökologische Fragestellungen, den Tierschutz und die Grundsätze einer nachhaltigen Entwicklung.

aus: Berliner Hochschulgesetz – BerlHG, § 4 Aufgaben der Hochschulen

Die Wissenschaft hat also eine besondere Verantwortung für die Entwicklung von Politik und sie ist auf das Erreichen gesellschaftlichen Fortschritts ausgerichtet: z.B. in der Medizin bei der Bekämpfung von Krankheiten oder in der Nachhaltigkeitsforschung mit Bereitstellung von Wissen zur ökologischen Transformation. So haben beispielsweise das Wuppertal Institut für Klima, Umwelt und Energie und das Potsdamer Institut für transformative Nachhaltigkeitsforschung (IASS) explizit das Ziel, aktiv zum Erreichen der Nachhaltigkeitsziele beizutragen.

Am deutlichsten wird der Beitrag der Wissenschaft zur Politikgestaltung jedoch an der institutionalisierten Schnittstelle zwischen Politik und Wissenschaft – der wissenschaftlichen Politikberatung. Die wissenschaftliche Politikberatung erfüllt zwei grundlegende Bedarfe aus Politik und Verwaltung: Informationsdefizite beseitigen sowie politische Entscheidungen empirisch bestätigen und damit zu legitimieren. In Deutschland haben sich neben der Ressortforschung (z.B. Robert Koch Institut) eine Reihe von Kommissionen und Beiräte etabliert, in denen Forscher:innen mitwirken. Die Ergebnisse ihrer Arbeit sind in der Regel Studien, Gutachten oder Stellungnahmen – von der Exploration einer Problemlage bis zur Ableitung evidenzbasierter Handlungsoptionen. 

Das Miteinander von Wissenschaft auf der einen Seite und Politik sowie Verwaltung auf der anderen Seite erfolgt aber nicht ohne Probleme. Die jeweiligen Teilsysteme sind durch Eigenlogiken charakterisiert, aus denen sich eine Reihe von Spannungsverhältnissen ergeben: 

“In der Politik werden auf der Basis unterschiedlicher Wertvorstellungen und Interessen Lösungen ausgehandelt und Kompromisse gesucht. In der Wissenschaft wird Wissen anhand spezifischer Methoden erzeugt und fortlaufend verbessert. Der wissenschaftliche Forschungsprozess ist nie abgeschlossen, jedes Wissen ist vorläufig.” 

Michael Böcher in Forschung und Lehre, 02.06.2022

Das Aushandeln auf Basis von Interessen steht dem Fokus auf wirksame Maßnahmen auf Basis von Empirie und Evidenz gegenüber. 

Beobachtung 3: Werden wissenschaftliche Erkenntnisse nur unzureichend in politisches Handeln umgesetzt, engagieren sich Forscher:innen politisch. 

Welche Verantwortung hat die Wissenschaft? Dürfen Forscher:innen aktivistisch sein? 

Wie dargelegt ist das Engagement von Wissenschaftler:innen bei der Politikgestaltung legitim. Doch wann und warum suchen Forscher:innen die politische Bühne? Schauen wir uns zwei Beispiele näher an: Die Covid-19 Pandemie und die Klimakrise. 

Das Beispiel Pandemie: 

Krisenlagen, wie eine Pandemie, gehen mit drei zentralen Herausforderungen einher: 

  1. Entscheidungen treffen unter Unsicherheit (Politik),
  2. schnelle Bereitstellung von Erkenntnissen und Evidenzen (Wissenschaft) und 
  3. Ableitung evidenzbasierter Handlungsoptionen und deren Umsetzung (Verwaltung).

Mit Beginn der Pandemie ließ sich ein erhöhter Beratungsbedarf beobachten. Die wissenschaftlichen Empfehlungen sollten schnell verfügbar, kompakt, verständlich und handlungsorientiert formuliert sein. Die bis dahin etablierten Beratungsgremien haben die Pandemie fachlich nicht abgedeckt. Folglich wurde der Beratungsbedarf durch ad-hoc Beratungsformate gedeckt, welche sich (anfänglich) mit einer ganzheitlichen Betrachtung schwer taten. Als Gründe hierfür sind eine zu homogene, zu wenig interdisziplinäre personelle Zusammensetzung der Gremien sowie eine nicht ausreichende systemische Betrachtung der Krise und ihrer Effekte zu nennen. Erschwerend für eine konsistente, evidenzbasierte Gestaltung von Interventionen waren die mediale Verzerrung des Diskurses durch Pseudo-Expert:innen und die falsche Ausgewogenheit von Positionen in den Medien. Im Verlauf der Pandemie konnte als Folge des politischen Interessenausgleichs eine Verschiebung von evidenzbasierten zu interessengeleiteten Interventionen beobachtet werden.  Eine Besonderheit der Corona-Krise war das Auftreten eines neuen Typus von wissenschaftlicher Politikberater:in: Jünger, weiblicher, forschungsstark, international vernetzt, medial aktiv, hoch motiviert wollte diese Gruppe einen Beitrag zur Problemlösung leisten – auch im Sinne einer Optimumlösung. Aktivismus trat dann als Folge einer Frustration über nicht ausreichend evidenzbasierten, entschlossenen politischen Handelns auf. 

Das Beispiel Klimakrise: 

Vor 50 Jahren – 1972 – veröffentlichte der  Club of Rome “Die Grenzen des Wachstums”, einen Bericht zur Lage der Menschheit. Die Wissenschaft konnte in den letzten Dekaden Wissen und Erkenntnisse massiv erweitern. Unzählige Forscher:innen engagierten sich in den letzten 30 Jahren beispielsweise im Weltklimarat oder dem Wissenschaftlichen Beirat der Bundesregierung Globale Umweltveränderungen (WBGU). Das Problem konnte dennoch nicht gelöst werden, im Gegenteil, es hat sich dramatisch verschärft. Auch hier lässt sich politischer Aktivismus beobachten (Scientists for Future) und zwar genau dann, wenn Politik wissenschaftliche Erkenntnisse nicht ausreichend in wirksames Handeln übersetzt. Eine Analogie zur Corona-Pandemie. 

Nun stellt sich die Frage, ob sich Forscher:innen derart engagieren sollten? Wie bewerten Bürger:innen dieses Verhalten? Das Wissenschaftsbarometer 2021 gibt hierzu eine Antwort: 

“Es ist richtig, dass Wissenschaftler sich äußern, wenn politische Entscheidung Forschungsergebnisse nicht berücksichtigen.”
51% “stimme voll und ganz zu”
24% “stimme eher zu”

Wissenschaftsbarometer 2021

Es gibt also die deutliche Erwartung, dass Wissenschaft sich einmischt und Fehlentwicklungen benennt. Gerade in unserer deliberativen Demokratie, mit ihren betont öffentlichen Diskursen, öffentlichen Beratung und der Teilhabe der Bürger an öffentlicher Kommunikation” leistet die Wissenschaft leistet einen Beitrag, dass “Diskurse informiert und Entscheidungen auf der bestmöglichen Wissensbasis getroffen werden”. Gleichzeitig ist das große Vertrauen in Wissenschaft ein kostbares Gut, welches es zu erhalten gilt und welches beim Engagement den Zweck und die Rolle der Wissenschaft im Blick behalten sollte. 

Beobachtung 4: Forscher:innen sind sich ihrer Verantwortung für den Erhalt von Vertrauen und Glaubwürdigkeit bewusst. 

Dass gesellschaftlich engagierte Wissenschaftler:innen sich durchaus ihrer besonderen Verantwortung bewusst sind, zeigt das folgende Beispiel. So heißt es im Selbstverständnis von Scientists for Future: 

“S4F ist ein überinstitutioneller, überparteilicher und interdisziplinärer Zusammenschluss von Wissenschaftler*innen, die sich für eine nachhaltige Zukunft engagieren.”

aus: Charta von Scientist for Future

Die Initiative betreibt “proaktive Wissenschaftskommunikation”, bringt sich aktiv mit dem “aktuellen Stand der Wissenschaft in wissenschaftlich fundierter und verständlicher Form in die gesellschaftliche Debatte um Nachhaltigkeit und Zukunftssicherung”, unterstützt die politische Willensbildung und benennt, erläutert und bewertet “Handlungsnotwendigkeiten und Handlungsoptionen zur Erreichung der Klima-, Umweltschutz- und Nachhaltigkeitsziele”. 

Hier zeigt  sich ein Selbstverständnis der „Aktivist:innen“ – dem Zweck von Wissenschaft folgend – als erkenntnisgeleitete Beobachter:innen, überparteiliche Kommunikator:innen und wissenschaftliche Politikberater:innen im Sinne einer Forschungs, Informations-, Beratungs- und Kontrollinstanz.

Beobachtung 5: Perspektivwechsel – Während sich Wissenschaft weit in den politischen Raum vorwagt, tun sich Politik und Verwaltung mit einer evidenzbasierten Politik schwer. 

Wie nutzen Politiker:innen wissenschaftliche Erkenntnisse für ihre Arbeit? 

Aufschluss gibt eine aktuelle Studie von Regina T. Riphahn und Monika Schnitzer mit dem Titel “Die Bedeutung wissenschaftlicher Evidenz für die Arbeit des Bundestags” (2022). Die Autorinnen stellen fest, dass  Parlamentariar:innen und ihre Mitarbeitenden gegenüber wissenschaftlichen Erkenntnissen aufgeschlossen sind und der Forschung einen hohen Stellenwert geben. Zentrale Informationsquellen für fachliche Arbeit von Mitgliedern des Bundestags sind klassische Medien (Presse, Funk, TV), gefolgt von sozialen Medien (MdB) bzw. Veröffentlichungen von NGOs (Mitarbeitende) und die Wissenschaftlichen Dienste des Bundestages. Für alle Befragten sind thematisch und redaktionell aufbereitete Ergebnisse besonders relevant. Jedoch ist Zeitmangel das zentrale Hemmnis für die verstärkte Nutzung wissenschaftlicher Erkenntnisse. Es herrsche zudem ein Überangebot wissenschaftlicher Beratung. Daher dringt vor allem der durch, der nicht nur durch die Qualität der Forschung, sondern auch die Aufbereitung heraussticht: Verständlich, kompakt, klar strukturiert, in einfacher Sprache und mit grafischer Aufbereitung, das sind die Wünsche aus der Politik. 

Diese Befunde decken sich mit meinen Erkenntnissen aus Interviews mit der Fachebene in der politischen Verwaltung. Aus dem Organisationsaufbau und der Organisationskultur ergeben sich jedoch weitere Herausforderungen: Silodenken, fragmentierte Strukturen und ein starkes Hierarchieprinzip führen zu einer unvollkommenen Wahrnehmung von Problemlagen. Die vertikale Logik der Ministerien wird den realen Problemen, die sich horizontal – also fachlich quer durch Ressorts – entwickeln, nicht gerecht. Krisen, vertrackte Probleme oder die Gestaltung von Transformationsprozessen erfordern fachübergreifende Lösungsansätze und die Nutzung wissenschaftlicher Erkenntnisse. Letztere werden jedoch, so Karl Lauterbach, spät und nicht konsequent genug in den politischen Prozess eingebracht.  Ob die Umbrüche dieser krisenhaften Zeit mit den bestehenden Instrumenten und Routinen der Politikgestaltung ausreichend begegnet werden können, ist zu bezweifeln. 

Plädoyer: Statt dogmatisch an der Neutralität von Forscher:innen einzufordern, sollten die  Rahmenbedingungen für die Teilhabe von Forscher:innen am gesellschaftlichen Diskurs gestärkt werden und neue Formate der ko-kreativen, evidenzbasierten Politikgestaltung mit Politik und Verwaltung etabliert werden. 

Notwendigkeit von Prinzipien:  Wissenschaftliche Politikberatung bedarf nach Peter Weingart Distanz, Pluralität, Transparenz und Öffentlichkeit: “Distanz sichert die Unabhängigkeit der Wissenschaft von Politik und verhindert eine Vermischung von Interessen und wissenschaftlichen Urteilen; Pluralität gebietet die sachgerechte Einbeziehung von Disziplinen sowie Beraterinnen und Beratern; Transparenz der Beratungs- und Entscheidungsprozesse sichert das Vertrauen in sie;  Öffentlichkeit bedeutet den Zugang zu relevanten Informationen und ist die Voraussetzung des Vertrauens”.

Notwendigkeit des Engagements: Die Komplexität und Gleichzeitigkeit von vertrackten Probleme und teils existenzieller Herausforderungen der Menschheit  erfordern nicht nur ein entschlossenes und wirksames politisches Handeln, es bedarf auch der Motivation und des Engagements von Forscher:innen sich einzubringen. Nur miteinander können Lösungen entwickelt, systemischer Wandel gestaltet  und zugleich Desinformation, Verschwörungsglauben und Wissenschaftsfeindlichkeit entgegengetreten werden.  

Notwendigkeit der Unterstützung: Das Engagement von Wissenschaftler:innen stellt eine hohe individuelle Belastung dar. Neben Forschung, Lehre, administrativen Aufgaben oder Mittelakquise gehen mit der Teilhabe an gesellschaftlichen Diskursen oder der Politikberatung zusätzliche Aufwände aber auch Anfeindungen und persönliche Risiken im Kontext von Projektgeschäft und prekären Beschäftigungsverhältnisse einher. Daher bedarf es zusätzlicher Unterstützungsangebote, Reputation und Wertschätzung für dieses Engagement. 

Notwendigkeit neuer Formate: Wissenschaftliche Politikberatung in der herkömmlichen Form von Kommissionen und Gutachten stößt an Grenzen. Gestaltungswissen entsteht in der direkten Zusammenarbeit von Forscher:innen. Policy-Labs, welche nach Design-Prinzipien arbeiten und Ko-Kreation ermöglichen, können eine neue Form der Politikgestaltung darstellen und zu praktisch sehr konkreten, aus Sicht der Politik bedarfsgerechten Ergebnissen führen. Damit einher gehen neue Rollen und neue Kompetenzprofile für Forscher:innen aber auch Beschäftigte in der Verwaltung.

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